future!publish - Blog

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Dez

Unsere Referenten stellen sich vor: Uwe Kalkowski

Uwe Kalkowski hält am 25. Januar zusammen mit Ute Nöth einen Vortrag zum Thema „Erwartungs.Haltung – Buchblogger treffen auf Blogger-Relations“.

© des Fotos: Vera Prinz

Wer bist du?

Mein Name ist Uwe Kalkowski und ich blogge als Kaffeehaussitzer über Bücher, Literatur und Leseerlebnisse. Den Blog gibt es seit 2013, auf der Frankfurter Buchmesse 2017 wurde er mit dem erstmals vergebenen Buchblog-Award ausgezeichnet. Auch beruflich bin ich in der Buchbranche tätig, aber als Marketingleiter eines juristischen Fachverlags auf einem ganz anderen Gebiet. Bei der future!publish spreche ich zusammen mit Ute Nöth – die beim Carlsen Verlag den Bereich Blogger Relations betreut – über das Zusammenspiel zwischen Buchbloggern und Verlagen.

Warum unterstützt du die future!publish als Referent/in?

Als 1993 meine Buchhändlerlehre startete, lernte ich den Umgang mit dem gedruckten VlB und verwaltete Zeitschriftenabos mit Karteikarten. Das Höchstmaß an Technik war die allabendliche Datenfernübertragung per Modem, um den Buchgrossisten die Tagesbestellungen zukommen zu lassen. Seitdem hat sich die Welt grundlegend verändert und ich empfinde es als Privileg, in dieser Epoche des Umbruchs zu leben. Den technischen Wandel zu nutzen, ihn mitzugestalten, die Chancen, die er bietet, zu erkennen, ohne die Gefahren außer Acht zu lassen, seinen eigenen Horizont ständig zu erweitern – das ist das Faszinierende unserer Zeit. Für die Buchbranche hat sich die future!publish als ein wichtiger Treffpunkt etabliert; deshalb freue ich mich sehr, dieses Jahr als Referent dabei zu sein.

Was wünschst du dir von der future!publish oder was erhoffst du dir von ihr?

Ich wünsche mir inspirierende Gedanken, die mich über den eigenen Tellerrand blicken lassen, spannende Gespräche, Vernetzung mit anderen Akteuren der Buch- und Medienbranche. Und eine gute Zeit mit netten Menschen.

Welche Entwicklungen und/oder Trends in der Verlags-, Kultur- und Kreativwirtschaft allgemein
findest du besonders spannend?

Als Buchblogger beschäftigt mich das Thema Literaturvermittlung im Netz sehr und ich sehe hier spannende Entwicklungen. Wie etwa im Konzept des Online-Magazins tell, in dem Feuilleton und Blog verschmelzen; es steht sozusagen für das Beste aus beiden Welten.

Auf BuchMarkt.de stelle ich monatlich eine Netzrückblick-Kolumne zusammen, in der Fundstücke aus den unterschiedlichsten Literaturblogs präsentiert werden. Jeden Monat stoße ich dabei auf großartige Texte, gelungene Buchbesprechungen, Beiträge, die sich mit gesellschaftlichen Entwicklungen beschäftigen – es ist ein stetiger Strom lesenswerter Blogartikel, der durch das Netz fließt. Das begeistert mich und sorgt für viel frischen Wind im Literaturbetrieb. Man muss nur die Fenster öffnen, um diesen Wind hineinwehen zu lassen.

Was sind deine Stichworte für die Verlags-, Kultur- und/oder Kreativwirtschaft im Jahr 2018?

Vernetzung, Kooperation, weiteres und stärkeres Zusammenwachsen der analogen und digitalen Welt.

Was wünschst du dir für die Verlags-, Kultur- und/oder Kreativwirtschaft für das Jahr 2018?

Die ermüdenden Diskussionen um „Print vs. Digital“ sind zum Glück weniger geworden. Ich hoffe, dass in den nächsten Jahren beide Welten immer mehr zu einer einzigen zusammenwachsen, in der es vor allem um eines geht: um Inhalte, die Lesern auf unterschiedlichste Art und Weise angeboten werden. So fest ich davon überzeugt bin, dass für manche Formate die elektronische Form besser geeignet ist, so wenig glaube ich als zutiefst haptischer Mensch, dass gedruckte Bücher jemals verschwinden werden. Das ist für mich auch einer der Reize des Bloggens: Alle Möglichkeiten der digitalen Kommunikation nutzen, um auf gedruckte Bücher aufmerksam zu machen.

Welches Thema / welche Entwicklung der Buchbranche liegt dir besonders am Herzen und warum?

In kaum einem Land ist die Buchhandelsdichte höher als bei uns, genauso wie es neben den großen Konzernverlagen auch eine Fülle experimentierfreudiger Independent-Verlage gibt. Diese Vielfalt und Individualität gilt es, zu erhalten, denn sie ist bedroht. Auch wenn der steuervermeidende und infrastrukturzerstörende Gemischtwarenhändler aus Seattle gehörig Schwung in die digitale Entwicklung wie auch in das Serviceverständnis des Einzelhandels gebracht hat, ist dessen knallharter Verdrängungswettbewerb für mich eine der größten Gefahren für literarische Vielfalt. Und dabei als Mittelstandskiller gleichzeitig Teil eines gesamtgesellschaftlichen Problems. Denn mittelständische Betriebe sind das Rückgrat unserer gesellschaftlichen Stabilität. Verschwindet der Mittelstand, veröden ganze Landstriche – und Strukturen zerbrechen. So werden unsere Konsumentscheidungen mehr und mehr zu einer Abstimmung darüber, in was für einer Gesellschaft wir leben möchten. Deshalb beende ich jeden Blogbeitrag mit dem Hashtag #SupportYourLocalBookstore.

Dabei kann es aber nicht einfach nur um einen Bestandsschutz gehen, denn gleichzeitig erwarte ich als Kunde von einem Buchladen der Zukunft neben einem selbstverständlichen guten Service ein sorgfältig ausgewähltes Sortiment, das die Entdeckung neuer Autoren und neuer Inhalte ermöglicht. Dazu gehören Lesungen und andere Veranstaltungen, Informationen per Newsletter und sozialen Medien, Aktionen, Engagement im Stadtteil und vieles mehr. All das macht eine Buchhandlung zu einer Kulturtankstelle. Und so wie die meisten Verlage die Zusammenarbeit mit Literaturbloggern entdeckt haben, so würde ich mir das auch im Buchhandelsbereich mehr wünschen.

Welchen Entwicklungen stehst du eher kritisch gegenüber?

Schaut man auf die Entwicklungen der letzten zwei, drei Jahre zurück, dann hat man das Gefühl, dass Politik und Rechtsprechung dabei sind, sich auf die Verlagsbranche einzuschießen. Von der ignoranten E-Bundle-Besteuerung über das alle Verlage über einen Kamm scherende VG-Wort-Urteil bis hin zur Urheberrechtsreform: Verlage werden in die Rolle reiner Verwerter gedrängt, ihre verlegerische Leistung nicht gewürdigt.

Gerade im Wissenschaftsbereich ist die teilweise Aushebelung des Eigentumsrechts der Verlage durch die Urheberrechtsreform eklatant. Man könnte auch sagen: Anstatt Bibliotheken mit vernünftigen Budgets auszustatten, soll zukünftig über den Weg der Gesetzgebung auf Inhalte zugegriffen werden.

Diese Entwicklungen bereiten mir Sorge, ebenso wie die kritische Betrachtung der Buchpreisbindung seitens der EU-Kommission. Denn nur diese Buchpreisbindung steht zwischen dem oben genannten dichten Buchhandelsnetz – und damit auch der Sichtbarkeit von Literatur im öffentlichen Raum – und dem Einheitsbrei algorithmusgesteuerter Buchempfehlungen.